Leave the World Behind – Kritik: Apokalypse der etwas anderen Art

Amanda Sandford (Julia Roberts) und ihre Familie macht spontan Urlaub in einem luxuriösen Airbnb-Haus auf Long Island. Als plötzlich Stromausfälle und merkwürdige Ereignisse eintreten, müssen sie mit unerwarteten Gästen klarkommen. Während die Welt um sie herum immer mehr im Chaos versinkt, versuchen sie, sich in ihrem Ferienhaus zu schützen und die Wahrheit über die Ereignisse herauszufinden.


Es ist erstaunlich wie viele Parallelen man zwischen dem neuen Film von „Mr. Robot„-Showrunner Sam EsmailLeave the World Behind“ und nahezu allen Filmen von M. Night Syhamalan ziehen kann. Vor allem der erst kürzlich erschienene „Knock at the Cabin“ gleicht sich ungemein mit dem neuen Netflix-Hit. Doch trotz dieser Gemeinsamkeiten übertrifft „Leave the World Behind“ alles, was Shyamalan bisher geschaffen hat, und das aus verschiedenen Gründen.

Unsicherheit der zuschauer

In einem entscheidenden Punkt tut „Leave the World Behind“ genau das, woran die Filme von Shyamalan immer und immer wieder scheitern. Der Film setzt nicht auf große Wendungen, die die Handlung abrupt um 180 Grad drehen – und das ist sein großer Vorteil. Nie wird es übertrieben, nie wird es unglaubwürdig. Im Gegenteil, Esmail zeigt uns mit seinem Film die durchaus möglichen Gefahren der Technologie-Abhängigkeit. In „Leave the World Behind“ stellt sich oft die Frage, was man eigentlich noch glauben kann, wenn man keine klare Informationsquelle hat. Diese Unsicherheit überträgt sich auf den Zuschauer, der permanent mit Unwissenheit und falschen Informationen konfrontiert wird. Die Handlung sowie die Figuren bleiben vor allem zum Ende hin bewusst vage und lassen Raum für Interpretationen, ohne jemals zu viel zu verraten. Wirklich deutlich wird dabei nie etwas.

Die Welt geht ein weiteres Mal unter | © Netflix

Leave the World Behind“ ist an einigen Stellen ein nahezu apokalyptischer Katastrophenfilm. Doch paradoxerweise präsentiert sich der Film größtenteils als intimes Kammerspiel. Diese Herangehensweise schafft eine Atmosphäre, die weit über die üblichen Grenzen des Katastrophen-Genres hinausgeht. Und es sind die ruhigen Szenen die Raum für die skurrilen und unvorhersehbaren Figuren eröffnen. Es sind keine stereotypen Überlebenden, sondern facettenreiche Individuen, die mit den existenziellen Bedrohungen auf ihre eigene Art und Weise umgehen.

Im Gegensatz dazu fehlt es den apokalyptischen Szenen oft an Glaubwürdigkeit – die Situationen wirken überkonstruiert und sowohl visuell als auch inszenatorisch wenig überzeugend. Es ist bedauerlich, dass die inszenatorische Stärke von Tod Campbell, dem Kameramann, die er in den ruhigeren Szenen zeigt, durch die mittelmäßige Effektarbeit in anderen Szenen so gut wie verloren geht.


3.5

Insgesamt ist „Leave the World Behind“ ein Endzeit-Thriller der etwas anderen Sorte. Die Verschmelzung von apokalyptischem Szenario und kammerspielartiger Intimität verleiht dem Film eine gewisse Einzigartigkeit. Sam Esmail präsentiert nicht nur eine Geschichte des Überlebens, sondern auch eine weitschichtige Auseinandersetzung von seinen Figuren.

Jannis Franke
Jannis Franke

Autor - Kritiken & News

Artikel: 100

Schreibe einen Kommentar